Die wichtigsten Trends der iREX 2023

Japan gilt als „Mutterland der Robotik“. Japanische Roboterhersteller sind für 40 Prozent der weltweiten Roboterverkäufe verantwortlich. Um den globalen Robotikmarkt zu verstehen, ist daher ein Blick auf Japan und japanische Hersteller wie Fanuc, Yaskawa, Yamaha, Omron, Denso oder Nachi unverzichtbar. Georg Stieler hat die Robotermesse Irex 2023 besucht und fasst seine Eindrücke in eine Gastbeitrag zusammen.

Die Irex 2023 war gut besucht. Mit 654 Ausstellern war die Robotermesse die bisher größte seit ihrer Gründung. Allein an den ersten drei Tagen kamen 120.000 Besucher – das Dreifache der Automatica in München und sogar Vierfache der Automate in Detroit. Es war mein erster Besuch nach einer vierjährigen Pause. Hier sind meine Beobachtungen:

1. Mehr kollaborative Roboter mit hochwertigen Anwendungen

Kollaborative Roboter (Cobots) spielten diesmal eine noch prominentere Rolle als in den Jahren 2017 und 2019.

  • Yamaha stellte einen 7-Achsen-Cobot vor.

  • Universal Robots präsentierte seinen neuen UR 30 mit 30 kg Traglast zum ersten Mal der Öffentlichkeit.

  • Und auch Fanuc und Denso zeigten ihre bereits früher am Markt eingeführten Cobots.

Bemerkenswert waren die Demos von Fanuc, Denso und UR für hochkraftvolles Schraubenanziehen, Präzisionsmontage, Polieren und Schraubsitzinspektion – Anwendungen, die eine intelligente Nutzung integrierter Kraftsensoren erfordern.

Fanuc betonte außerdem seine nahezu widerstandslosen Teaching-Fähigkeiten für Schweißen, Pulverbeschichtung oder Lasten bis zu 30 kg.

Fazit: Die Tatsache, dass die großen Hersteller den Cobots eine so prominente Präsenz einräumen, unterstreicht die strategische Bedeutung, die sie dieser Produktkategorie mittlerweile beimessen.

Cobots spielten auf der Irex 2023 eine noch prominentere Rolle als in den Jahren 2017 und 2019. Fanuc zeigte mit dem CRX u.a. widerstandsloses Teaching fürs Schweißen. | © Georg Stieler

2. Zero-Teach-Robotik mit Machine Vision

Machine Vision kombiniert mit automatisierter Pfadplanung hat seit meinem letzten Besuch an Bedeutung gewonnen. „Zero Teach“ ist das neue Schlagwort.

Traditionelle Anwendungen sind das Greifen von zufälligen Teilen und einfaches Palettieren. Dies wurde auf der Irex in Tokio von einer Vielzahl von Robotikherstellern sowie von Machine Vision-Spezialisten mit eigenen Lösungen zur Robotersteuerung gezeigt – darunter beispielsweise Mujin aus Japan und Mech-Mind aus China.

  • Mujin stellte auch seinen TruckBot vor, einen autonomen Roboter, der sowohl LKW-Anhänger als auch Schiffscontainer mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1.000 Kisten pro Stunde entladen kann.

  • Fanuc zeigte automatische Pfadgenerierung für das Lichtbogenschweißen.

  • Neben Fanuc stellte auch Yaskawa Weiterentwicklungen seiner Lösungen zur programmierfreien Palettierung vor. Unter dem Namen „Motoman Next“ präsentierte Yaskawa Anwendungen für Bereiche wie Geschirrspülen, Lebensmittelinspektion und -sortieren sowie Laborarbeiten. Derzeit sind dies eher Demonstrationen dessen, was technisch möglich ist. Das Unternehmen beginnt gerade erst, diese Lösungen Kunden anzubieten.

  • Nachi und Omron zeigten entsprechende Anwendungen für die dynamische Platzierung von FPC-Verbindern in elektronischen Produkten. Laut Aussagen der beiden Hersteller werden leicht abgewandelte Versionen bereits in der Elektronikfertigung verwendet.

Übrigens: Mehr Machine Vision in Kombination mit automatisierter und dynamischer Pfadplanung bedeutet auch gute Geschäftsaussichten für Nvidia, das ebenfalls als Aussteller vertreten war und Partnerschaften mit mehreren führenden japanischen Roboterherstellern unterhält.

Unter dem Namen „Motoman Next“ präsentierte Yaskawa auch Anwendungen für Bereiche wie Geschirrspülen oder Laborarbeiten. | © Georg Stieler

3. Automatisierte Linien mit variablem Produktmix und variablen Volumina

Die Irex-Stände von Omron und Yaskawa zeigten automatisierte Linien mit variablem Produktmix und variablen Volumina. Diese Linien demonstrierten mobile Cobots und layoutfreie Produktion, die Anpassungsfähigkeit in der Produktionsumgebung ermöglichen.

Yaskawa nutzt seine I3-Mechatronics-Plattform für On-Site-Datenmanagement und kontinuierliche Produktivitäts- und Qualitätsverbesserungen – ein vielversprechender Ansatz, nachdem japanische Automatisierungsanbieter das Konzept der digital vernetzten Produktion erst relativ spät angenommen haben. Yaskawas neuer YRM-X Controller steuert mehrere Maschinen entlang einer gesamten Linie.

Großer Andrang: Yaskawa zeigte unter anderem anpassungsfähige automatisierte Linien für Produktionen mit variablen Produktmix und Volumina. | © Georg Stieler

4. Neue Roboter mit hoher Traglast

Neben Cobots gabe es in Tokio auch neue Roboter mit hoher Traglast zu sehen. Fanuc etwa stellte einen neuen Linien-Verbindungsroboter mit einer Traglast von 500 kg, Überkippfähigkeit und integrierten 2D- und 3D-Kameras für die Handhabung von schweren Automobilteilen vor. | © Georg Stieler

Wie auch in anderen Ländern haben japanische Robotikunternehmen eine lange Tradition in der Automobilindustrie. Dies spiegelt sich weiterhin in der Einführung neuer Roboter mit hoher Traglast wider.

  • Fanuc stellte einen neuen Linien-Verbindungsroboter mit einer Traglast von 500 kg, Überkippfähigkeit und integrierten 2D- und 3D-Kameras vor. Zielanwendungen sind die Handhabung von schweren Automobilteilen.

  • Yaskawa präsentierte den Motoman-ME1000, einen SCARA-Roboter mit einer Traglast von 1000 kg, der speziell für die Handhabung von Batterien für Elektrofahrzeuge konzipiert wurde.

5. Starke Präsenz chinesischer Akteure

Von den 121 internationalen Ausstellern kamen 50 aus China. Es handelte sich hier hauptsächlich um Hersteller von kollaborativen Robotern (Cobots) wie Aubo Robotics und Elite Robots, mobilen Robotern, Machine Vision (z.B. Mech-Mind Robotics) und Roboterkomponenten. Chinesische Hersteller hoffen, im geographisch nahen japanischen Markt dem unerbittlichen Preiswettbewerb im eigenen Land ein Stück weit entkommen zu können.

6. Japanische Robotikunternehmen kooperieren, um die Automatisierung von KMUs zu verbessern

Potenziell die bedeutendste Nachricht wurde in den Tagen vor der Messe selbst bekannt gegeben: Die führenden japanischen Roboterhersteller kündigten eine gemeinsame Datenbank an, um insbesondere KMUs die Integration von Robotern zu erleichtern und die Integrationskosten erheblich zu senken. In der Zukunft soll auch generative KI in diesem Kontext zum Einsatz kommen.

Ein ähnlicher Ansatz von Google DeepMind und 33 Forschungseinrichtungen hat kürzlich vielversprechende Ergebnisse gezeigt.

Fazit: Die kommenden Jahre werden spannend

Das Fazit: Das hohe Innovationsniveau und jüngste Veränderungen in der japanischen Unternehmenskultur deuten darauf hin, dass die kommenden Jahre für die japanische Robotik und Automatisierung spannend werden dürften.

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